Arbeiten: 2023

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Der Mahner

Ein jeder Mensch, der wert ein Mensch zu sein,
Fühlt tief im Herzen eine Schlange wohnen,
Sie lebt und herrscht da wie auf Königsthronen,
Und sagt er: »Ja, ich will!«, so sagt sie: »Nein!«

Senkt er die Blicke voller Glut und Sehnen
Tief in der Nixen Augen, der Sirenen,
So spricht der Natter Zahn: »Gedenk der Pflicht!«

Erzeugt er Kinder oder pflanzt er Bäume,
Schafft er aus Worten oder Marmor Träume,
»Lebst du heut abend noch?« die Schlange spricht.

Was auch der Mensch erhoffen mag und planen.
Kein Augenblick an ihm vorüberschwingt,
In dem nicht quälend an sein Denken dringt
Der giftigen Schlange unerträglich Mahnen.


L'Avertisseur

Tout homme digne de ce nom
A dans le coeur un Serpent jaune,
Installé comme sur un trône,
Qui, s'il dit: «Je veux,» répond: «Non!»

Plonge tes yeux dans les yeux fixes
Des Satyresses ou des Nixes,
La Dent dit: «Pense à ton devoir!»

Fais des enfants, plante des arbres,
Polis des vers, sculpte des marbres,
La Dent dit: «Vivras-tu ce soir?»

Quoi qu'il ébauche ou qu'il espère,
L'homme ne vit pas un moment
Sans subir l'avertissement
De l'insupportable Vipère.


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Die Blinden

Betrachte sie, mein Herz; furchtbar zu sehn.
Wenn sie, fast lächerlich, wie Puppen schreiten
Und gleich Nachtwandlern seltsam vorwärts gleiten,
Lichtlose Kugeln, ach wonach nur? drehn.

Die Äugen, drin erlosch der Götterfunken,
Sind starr zum fernen Himmel hingelenkt,
Nie siehst du erdwärts ihren Blick gesenkt,
Nie auf die Brust ihr träumend Haupt gesunken.

So ziehn sie durch ein weites, schwarzes Land,
Das ewigem Schweigen brüderlich verwandt.
O Stadt, indes du unter Lachen, Toben

Voll Gier nach Lust und Taumel bist entbrannt,
Schleich ich wie jene, ärmer an Verstand,
Und frag': Was suchen sie am Himmel droben?


Les Aveugles

Contemple-les, mon âme; ils sont vraiment affreux!

Pareils aux mannequins; vaguement ridicules;
Terribles, singuliers comme les somnambules;
Dardant on ne sait où leurs globes ténébreux.

Leurs yeux, d'où la divine étincelle est partie,
Comme s'ils regardaient au loin, restent levés
Au ciel; on ne les voit jamais vers les pavés
Pencher rêveusement leur tête appesantie.

Ils traversent ainsi le noir illimité,
Ce frère du silence éternel. Ô cité!
Pendant qu'autour de nous tu chantes, ris et beugles,

Eprise du plaisir jusqu'à l'atrocité,
Vois! je me traîne aussi! mais, plus qu'eux hébété,
Je dis: Que cherchent-ils au Ciel, tous ces aveugles?



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Der böse Mönch
Die alten klöster stellten an den mauern Die heilige wahrheit in gemälden aus. Die brüder füllte sie mit tiefen schauern Und wärmte so das kalte strenge haus.
Es war die zeit wo Christi saaten sprossten · Manch edler mönch von dem man heut nichts weiss Nahm auf dem leichenfelde seinen posten Und feierte den tod mit schlichtem fleiss ... In meiner zelle schleppe ich mein leben
Seit ewiger zeit – ein schlechter büsservater – Mit nichts verschönte ich die kahlen wände: O träger mönch! wann schaffe ich ergeben Aus meines elends lebendem theater Der augen weide und das werk der hände?

Le Mauvais Moine
Les cloîtres anciens sur leurs grandes murailles Etalaient en tableaux la sainte Vérité, Dont l'effet réchauffant les pieuses entrailles, Tempérait la froideur de leur austérité.
En ces temps où du Christ florissaient les semailles, Plus d'un illustre moine, aujourd'hui peu cité, Prenant pour atelier le champ des funérailles, Glorifiait la Mort avec simplicité. — Mon âme est un tombeau que, mauvais cénobite, Depuis l'éternité je parcours et j'habite; Rien n'embellit les murs de ce cloître odieux.
Ô moine fainéant! quand saurai-je donc faire Du spectacle vivant de ma triste misère Le travail de mes mains et l'amour de mes yeux?
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ZÜCHTIGUNG DES HOCHMUTS (Chatiment de l´orgueil)

Zu jenen zeiten wo noch die gottesgelahrten
In wunderbarem gedeihn ihre grösse bewahrten –
Erzählt man – war einst ein Weiser vom höchsten rang
Der auch die herzen der lässigsten bezwang
Und sie erregte bis in ihre schwärzesten grüfte..
Doch als er in die strahlen der himmlischen lüfte
Auf selber ihm fremden wegen gekommen war
Wohin sich nur schwinget der reinen geister schar:
Da sollte er wie ein mann der zu hoch sich verstiegen
 Vom schwindel ergriffen satanischem hochmut erliegen:
»Du kleiner Jesus · wie weit habe ich dich gebracht!
Doch hätt ich am punkte dich anzugreifen gedacht
Wo auch du fehltest: so kehrte dein ruhm sich in schande ·
Du gältest als spöttische missgeburt nur im lande.

« Mit einemmal umnachtete sich sein verstand:
Ein schwarzer flor um die herrliche leuchte sich wand ·
Der wirrwarr begann in diesem kopfe zu rollen.
Im lebenden tempel dem stattlichen ordnungsvollen
Dess dächer umwölbte solche leuchtende pracht
 Da sezte sich das schweigen fest und die nacht ·
So ist ein gewölbe zu dem man den schlüssel verloren.
Von nun an war er wie das vieh vor den thoren ·
Und wenn er nichts hörend und sehend die fluren durchging ·
Nicht merkte ob sommer ihn oder winter umfing
 Unbrauchbar und hässlich wie eine vernuzte sache
So ward er den kindern zur freude und zum gelache.




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Einklänge (Correspondances)

Aus der natur belebten tempelbaun
Oft unverständlich wirre worte weichen ·
Dort geht der mensch durch einen wald von zeichen
Die mit vertrauten blicken ihn beschaun.

Wie lange echo fern zusammenrauschen

In tiefer finsterer geselligkeit ·
Weit wie die nacht und wie die helligkeit
Parfüme färben töne rede tauschen.

Parfüme giebt es frisch wie kinderwangen

Süss wie hoboen grün wie eine alm –

Und andre die verderbt und siegreich prangen

Mit einem hauch von unbegrenzten dingen ·
Wie ambra moschus und geweihter qualm
Die die Verzückung unsrer seelen singen.