Offene Farbigkeit und striktes Schwarz-Weiß, ungeregelte Variation und
serielles Raster — der Kontrast, den Kolja Gollub mit den Bildern seiner
Ausstellung in Den Haag aufmacht, ist gewollt; er soll Vereinfachungen
durchkreuzen, die auf dem Gebiet der Kunst immer noch beliebt sind:
Malerei oder Konzept, Rationalität oder Experiment, Intuition oder
Kalkül, Skizze oder Präzision. Gegensatzkonstruktionen dieser Art
gehören zum alten Bauwerk der Künstlerlegenden. Wir könnten zu Vincent
van Gogh und Paul Cézanne zurückgehen, die Frage bei Jackson Pollock
und Asger Jorn neu justieren oder mit Günther Förg und André Butzer in
die Gegenwart kommen — das Verständnis dieser Künstler wird nicht nur
vom großen Publikum auf ein einfaches Entweder-Oder heruntergebracht.
Billige Klischees bemüht sogar die anspruchvollere Theorie. Kolja
Gollub hat die Polaritäten oder Unverträglichkeiten bewusst verschärft.
Vielleicht ist das systematische Vorgehen von Günther Förg in seinen
Bildern eher zu erkennen als die Disziplin, mit der Vincent van Gogh
Farben und Leinwand zusammenbrachte, aber wir sollten die Hinweise auf
beide Künstler im Blick behalten. Die Sichtbarkeit des intellektuellen
Beitrags ist für Kolja Gollub genauso wichtig wie das Spiel mit
Faktoren, die sich diesem Bereich zunächst entziehen: Chaotik, der rohe
Stoff , Fleischfarben und Helligkeit — Effekte, die zumeist mit der
freien Geste oder Expression assoziiert werden. Allerdings läßt die
Reihung seiner Bilder deutlich erkennen, dass es um die Möglichkeit
geht, all diese Wirkungen zum Gegenstand einer Untersuchung zu machen,
die nicht bei den Selbstverständlichkeiten der Vergangenheit Halt macht.
Die Bilder von Kolja Gollub sprechen also für den Entwurf einer
malerischen Wissenschaft, um einen alten Begriff etwas abzuwandeln, oder
den Entwurf einer Kunst, die einen präzisen Gedanken nicht um das
reduziert, was ihn möglicherweise verwirrt.