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Die Klagen eines Ikarus
Der Bursch, der die Dirne bezwungen, Ist glücklich, zufrieden und satt, Mein Arm ist zerbrochen und matt, Weil er mit Wolken gerungen. Der Sternwelt, die leuchtend schwebt, Ein unvergleichlich Entzücken, Dank' ich's, dass meinen Blicken Nur Sonnenerinnerung lebt. Ich hoffte, im Raum zu erkennen Der Dinge Mitte und Schluss, Und fühl' nun im Glutenkuss Meine Flügel zerfallen, verbrennen. Vernichtet vom Schönheitsdrang Wird mir kein Nachruhm zu eigen, Es wird meinen Namen verschweigen Die Tiefe, die mich verschlang.

Les Plaintes d'un Icare
Les amants des prostituées Sont heureux, dispos et repus; Quant à moi, mes bras sont rompus Pour avoir étreint des nuées. C'est grâce aux astres nonpareils, Qui tout au fond du ciel flamboient, Que mes yeux consumés ne voient Que des souvenirs de soleils. En vain j'ai voulu de l'espace Trouver la fin et le milieu; Sous je ne sais quel oeil de feu Je sens mon aile qui se casse; Et brûlé par l'amour du beau, Je n'aurai pas l'honneur sublime De donner mon nom à l'abîme Qui me servira de tombeau.
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Der Springbrunnen
Arm liebchen! dein auge ist feucht Und müd ·
halt es lang noch geschlossen!
In ruhe bleib hingegossen
Daraus das vergnügen dich scheucht!
Im hofe das wasserspiel während
Der nacht und des tages singt
Die süsse verzückung nährend
Die heute die liebe mir bringt.
 Die garbe die tausendfach Blumen schiesst
Wo Phoebe erfreut ihre Farben ergiesst
Wie regen von reichlichen Thränen fliesst.
So schwingt deine seele die wilde Blitze der lust durchglühn
Hinauf sich eilig und kühn In weite zaubergefilde.
Dann wie ersterbend verbreitet Sie zehrende schmerzensflut
Die unsichtbar gleitet und gleitet Bis tief sie im herzen mir ruht.
 Die garbe die tausendfach Blumen schiesst
Wo Phoebe erfreut ihre Farben ergiesst
Wie regen von reichlichen Thränen fliesst.
 Bei dir · der am abend so schönen ·
Hör ich an dich geneigt
Der ewigen klage stöhnen Die aus dem springbrunnen steigt.
Mondnacht heilig und mild Wasser und laubesschauern –
In eurem keuschen trauern Sieht meine seele ihr bild.
 Die garbe die tausendfach Blumen schiesst
Wo Phoebe erfreut ihre Farben ergiesst
Wie regen von reichlichen Thränen fliesst.

Le Jet d'eau
Tes beaux yeux sont las, pauvre amante !
Reste longtemps, sans les rouvrir,
Dans cette pose nonchalante Où t'a surprise le plaisir.
Dans la cour le jet d'eau qui jase Et ne se tait ni nuit ni jour,
Entretient doucement l'extase Où ce soir m'a plongé l'amour.
 La gerbe épanouie En mille fleurs,
Où Phœbé réjouie Met ses couleurs,
Tombe comme une pluie De larges pleurs.
Ainsi ton âme qu'incendie L'éclair brûlant des voluptés S'élance,
rapide et hardie, Vers les vastes cieux enchantés.
Puis, elle s'épanche, mourante,
En un flot de triste langueur,
Qui par une invisible pente Descend jusqu'au fond de mon cœur.
La gerbe épanouie En mille fleurs,
Où Phœbé réjouie Met ses couleurs,
Tombe comme une pluie De larges pleurs.
 O toi, que la nuit rend si belle,
Qu'il m'est doux, penché vers tes seins,
D'écouter la plainte éternelle
Qui sanglote dans les bassins !
Lune, eau sonore, nuit bénie,
Arbres qui frissonnez autour,
Votre pure mélancolie
Est le miroir de mon amour.
 La gerbe épanouie En mille fleurs,
Où Phœbé réjouie Met ses couleurs,
Tombe comme une pluie De larges pleurs.
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Der Mahner

Ein jeder Mensch, der wert ein Mensch zu sein,
Fühlt tief im Herzen eine Schlange wohnen,
Sie lebt und herrscht da wie auf Königsthronen,
Und sagt er: »Ja, ich will!«, so sagt sie: »Nein!«

Senkt er die Blicke voller Glut und Sehnen
Tief in der Nixen Augen, der Sirenen,
So spricht der Natter Zahn: »Gedenk der Pflicht!«

Erzeugt er Kinder oder pflanzt er Bäume,
Schafft er aus Worten oder Marmor Träume,
»Lebst du heut abend noch?« die Schlange spricht.

Was auch der Mensch erhoffen mag und planen.
Kein Augenblick an ihm vorüberschwingt,
In dem nicht quälend an sein Denken dringt
Der giftigen Schlange unerträglich Mahnen.


L'Avertisseur

Tout homme digne de ce nom
A dans le coeur un Serpent jaune,
Installé comme sur un trône,
Qui, s'il dit: «Je veux,» répond: «Non!»

Plonge tes yeux dans les yeux fixes
Des Satyresses ou des Nixes,
La Dent dit: «Pense à ton devoir!»

Fais des enfants, plante des arbres,
Polis des vers, sculpte des marbres,
La Dent dit: «Vivras-tu ce soir?»

Quoi qu'il ébauche ou qu'il espère,
L'homme ne vit pas un moment
Sans subir l'avertissement
De l'insupportable Vipère.


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Bertas Augen
Verachten dürft ihr der herrlichsten augen gefunkel
Schöne kindesaugen darinnen wacht
Ein etwas unsäglich gut und sanft wie die nacht
 Ihr augen · giesst über mich euer reizendes dunkel!
Grosse kindesaugen · geliebte verstecke
Ihr ähnelt sehr den palästen in zaubrischer schlucht
Wo ich hinter tief-schlafender schatten wucht
Leis schimmernde niemand bekannte juwelen entdecke.
Mein kind hat augen düster und weit-umfangend Wie du unendliche nacht und wie du auch erhellt.
Ihr glanz sind die liebes- und glaubensgedanken gesellt Die in der tiefe sprühen keusch oder verlangend.

Les yeux de Berthe

 Vous pouvez mépriser les yeux les plus célèbres,
Beaux yeux de mon enfant, par où filtre et s'enfuit
Je ne sais quoi de bon, de doux comme la Nuit !
 Beaux yeux, versez sur moi vos charmantes ténèbres !
 Grands yeux de mon enfant, arcanes adorés,
Vous ressemblez beaucoup à ces grottes magiques
Où, derrière l'amas des ombres léthargiques,
Scintillent vaguement des trésors ignorés !
 Mon enfant a des yeux obscurs, profonds et vastes Comme toi, Nuit immense, éclairés comme toi !
Leurs feux sont ces pensers d'Amour, mêlés de Foi, Qui pétillent au fond, voluptueux ou chastes. 
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Die Blinden

Betrachte sie, mein Herz; furchtbar zu sehn.
Wenn sie, fast lächerlich, wie Puppen schreiten
Und gleich Nachtwandlern seltsam vorwärts gleiten,
Lichtlose Kugeln, ach wonach nur? drehn.

Die Äugen, drin erlosch der Götterfunken,
Sind starr zum fernen Himmel hingelenkt,
Nie siehst du erdwärts ihren Blick gesenkt,
Nie auf die Brust ihr träumend Haupt gesunken.

So ziehn sie durch ein weites, schwarzes Land,
Das ewigem Schweigen brüderlich verwandt.
O Stadt, indes du unter Lachen, Toben

Voll Gier nach Lust und Taumel bist entbrannt,
Schleich ich wie jene, ärmer an Verstand,
Und frag': Was suchen sie am Himmel droben?


Les Aveugles

Contemple-les, mon âme; ils sont vraiment affreux!

Pareils aux mannequins; vaguement ridicules;
Terribles, singuliers comme les somnambules;
Dardant on ne sait où leurs globes ténébreux.

Leurs yeux, d'où la divine étincelle est partie,
Comme s'ils regardaient au loin, restent levés
Au ciel; on ne les voit jamais vers les pavés
Pencher rêveusement leur tête appesantie.

Ils traversent ainsi le noir illimité,
Ce frère du silence éternel. Ô cité!
Pendant qu'autour de nous tu chantes, ris et beugles,

Eprise du plaisir jusqu'à l'atrocité,
Vois! je me traîne aussi! mais, plus qu'eux hébété,
Je dis: Que cherchent-ils au Ciel, tous ces aveugles?



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Der böse Mönch
Die alten klöster stellten an den mauern Die heilige wahrheit in gemälden aus. Die brüder füllte sie mit tiefen schauern Und wärmte so das kalte strenge haus.
Es war die zeit wo Christi saaten sprossten · Manch edler mönch von dem man heut nichts weiss Nahm auf dem leichenfelde seinen posten Und feierte den tod mit schlichtem fleiss ... In meiner zelle schleppe ich mein leben
Seit ewiger zeit – ein schlechter büsservater – Mit nichts verschönte ich die kahlen wände: O träger mönch! wann schaffe ich ergeben Aus meines elends lebendem theater Der augen weide und das werk der hände?

Le Mauvais Moine
Les cloîtres anciens sur leurs grandes murailles Etalaient en tableaux la sainte Vérité, Dont l'effet réchauffant les pieuses entrailles, Tempérait la froideur de leur austérité.
En ces temps où du Christ florissaient les semailles, Plus d'un illustre moine, aujourd'hui peu cité, Prenant pour atelier le champ des funérailles, Glorifiait la Mort avec simplicité. — Mon âme est un tombeau que, mauvais cénobite, Depuis l'éternité je parcours et j'habite; Rien n'embellit les murs de ce cloître odieux.
Ô moine fainéant! quand saurai-je donc faire Du spectacle vivant de ma triste misère Le travail de mes mains et l'amour de mes yeux?
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ZÜCHTIGUNG DES HOCHMUTS (Chatiment de l´orgueil)

Zu jenen zeiten wo noch die gottesgelahrten
In wunderbarem gedeihn ihre grösse bewahrten –
Erzählt man – war einst ein Weiser vom höchsten rang
Der auch die herzen der lässigsten bezwang
Und sie erregte bis in ihre schwärzesten grüfte..
Doch als er in die strahlen der himmlischen lüfte
Auf selber ihm fremden wegen gekommen war
Wohin sich nur schwinget der reinen geister schar:
Da sollte er wie ein mann der zu hoch sich verstiegen
 Vom schwindel ergriffen satanischem hochmut erliegen:
»Du kleiner Jesus · wie weit habe ich dich gebracht!
Doch hätt ich am punkte dich anzugreifen gedacht
Wo auch du fehltest: so kehrte dein ruhm sich in schande ·
Du gältest als spöttische missgeburt nur im lande.

« Mit einemmal umnachtete sich sein verstand:
Ein schwarzer flor um die herrliche leuchte sich wand ·
Der wirrwarr begann in diesem kopfe zu rollen.
Im lebenden tempel dem stattlichen ordnungsvollen
Dess dächer umwölbte solche leuchtende pracht
 Da sezte sich das schweigen fest und die nacht ·
So ist ein gewölbe zu dem man den schlüssel verloren.
Von nun an war er wie das vieh vor den thoren ·
Und wenn er nichts hörend und sehend die fluren durchging ·
Nicht merkte ob sommer ihn oder winter umfing
 Unbrauchbar und hässlich wie eine vernuzte sache
So ward er den kindern zur freude und zum gelache.




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Einklänge (Correspondances)

Aus der natur belebten tempelbaun
Oft unverständlich wirre worte weichen ·
Dort geht der mensch durch einen wald von zeichen
Die mit vertrauten blicken ihn beschaun.

Wie lange echo fern zusammenrauschen

In tiefer finsterer geselligkeit ·
Weit wie die nacht und wie die helligkeit
Parfüme färben töne rede tauschen.

Parfüme giebt es frisch wie kinderwangen

Süss wie hoboen grün wie eine alm –

Und andre die verderbt und siegreich prangen

Mit einem hauch von unbegrenzten dingen ·
Wie ambra moschus und geweihter qualm
Die die Verzückung unsrer seelen singen.

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Der Feind

Mein Kinderland war voll Gewittertagen,
Nur selten hat die Sonne mich gestreift,
Und so viel Bluten hat der Blitz zerschlagen,
Dass wenig Früchte nur mein Garten reift.

Nun kommt der Herbst, – ich muss zur Harke greifen,
Die Erde sammeln, die verwüstet schlief,
In die der Regen Risse grub und Streifen
Und manche Holde wie ein Grab so tief.

Doch ob den Blumen, die erhofft mein Träumen,
In dieses wild zerwühlten Ackers Räumen
Die Wundernahrung wird voll Glut und Kraft?

O Schmerz! die Zeit trinkt unsren Lebenssaft,
Der dunkle Feind, der uns am Herzen zehrt
Und sich von unsrem Blute stärkt und mehrt!

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Malerei

Das frühere Leben

Ich wohnte lang in weiter Hallen Schweigen,

Die abends in der Meeressonne Glut

Sich stolz erheben und zur blauen Flut
Sich gleich basaltnen Grotten niederneigen.
 
Das Meer, darauf des Himmels Abbild ruht,
Tönt feierlich beim Auf- und Niedersteigen,
Und der Akkorde übermächt'ger Reigen
Strömt in den Abend voller Gold und Blut.
 
Dort lebt' ich lang in dämmerstillem Lächeln,
Voll Wollust atmend Glanz und blaue Luft;
Die nackten Sklaven, ganz getaucht in Duft,
 
Sie mussten mir die müde Stirne fächeln,
Von einer einzigen Sorge nur beschwert,
Das Leid zu finden, das mein Herz verzehrt.
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Malerei
Der Albatros

Das Schiffsvolk einen Albatros ergreift,
Den grossen Vogel, der in lässigen Flügen
Dem Schiffe folgt, das durch die Wogen streift.

Doch, – kaum gefangen in des Fahrzeugs Engen
Der stolze König in der Lüfte Reich,
Lässt traurig seine mächtigen Flügel hängen,
Die, ungeschickten, langen Rudern gleich,

Nun matt und jämmerlich am Boden schleifen.
Wie ist der stolze Vogel nun so zahm!
Sie necken ihn mit ihren Tabakspfeifen,
Verspotten seinen Gang, der schwach und lahm.

Der Dichter gleicht dem Wolkenfürsten droben,
Er lacht des Schützen hoch im Sturmeswehn;
Doch unten in des Volkes frechem Toben
Verhindern mächt'ge Flügel ihn am Gehn.


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Malerei
Nach Charles Baudelaires "La Muse malade" / "The sick muse" (le rose lutin /a rosy elf) from "Les fleurs du mal" 7 "The flowers of evil

Die kranke Muse
Du arme Muse, was ist dir geschehn?

Im hohlen Blick les' ich die nächtgen Qualen,
Und muss den Wahnsinn und den Schreck, den fahlen
Im stummen, angstgequälten Antlitz sehn.

Gossen sie Lieb' und Furcht aus ihren Schalen,
Die grünen Zwerge und die rosigen Feen?
Hat dich der Alb gepackt mit eisigem Wehn
Und dich erstickt in wilden Zauber quälen?

Ich wollt', dein Atem wäre stets voll Kraft,
Dass er nur starker Dinge Abbild schafft!
Des Blutes Rauschen rhythmischer Gesang,

Wie er in jenen alten Zeiten klang,
Als Phöbus und der grosse Pan regierten,
Des Liedes Vater und der Gott der Hirten.


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Malerei
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Malerei
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Malerei
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Malerei