Das ist mal einTitel: „Ich konnte nicht abwarten und habe den Finger hineingetaucht“ heißt die Ausstellung von Constanze Böhm. Mit ihr startet eine Kooperation zwischen Feinkunst und Sprengel Museum.
Constanze Böhms Abstraktionen haben eher Namen als Titel - die hannoversche Künstlerin bezeichnet ihre Arbeiten gerne als „Protagonisten“, „Gegenüber“ oder „Personae“. Sie heißen „das emblematische Ensemble“ oder „the proper polygons“, als wären sie Zirkusartisten in einer Manege. Oder eben „Mitarbeiter des Monats“, wie Böhm eine Serie von Malereien nennt, die sie einander in den Räumen des Kunstvereins Feinkunst begegnen lässt. Bereits der Titel der Ausstellung deutet eine Geschichte an und lässt zugleich deren Kontext offen: „Ich konnte nicht abwarten und habe den Finger hineingetaucht.“
Die Auswahl erzählt viel über Böhms Arbeitsweise: Ebenso wie ihre Zeichnungen und Malereien entstehen auch kleine Texte spontan, aber in festgelegtem Setting – in diesem Fall auf bereitliegenden Papierbögen mit Hilfe einer Schreibmaschine namens Monika. So werden aus „Fundstücken“, wie Böhm Worte, Farb-, Form- und Linienexperimente nennt, Serien. „Der Ausstellungstitel lag zufällig ganz oben auf einem Stapel“, sagt Böhm. Von etwa 300 Blättern aus „Das emblematische Ensemble“ zeigt sie 120 Stück, oft schwungvolle Skizzen, deren Details in Pinselstrichen liegen, in Umrissen oder scheinbar homogenen Flächen. Ihnen Persönlichkeitsprofile zuzuschreiben, fällt nicht schwer.
Dass Begriffe wie „Ensemble“ oder „Protagonisten“ den darstellenden Künsten entlehnt sind, ist kein Zufall. Bevor Böhm in Braunschweig freie Kunst studierte, absolvierte sie den Studiengang Kostümdesign in Hannover. „Bei mir darf alles und jeder zur Figur im Raum werden“, sagt sie. Sie nehme Architektur ähnlich intuitiv wahr wie Malerei: „Diese gedankliche Nähe versuche ich, körperlich erfahrbar zu machen.“ So werde im Idealfall Raum zu Malerei und umgekehrt. Dafür hat Böhm in der Ausstellung mit Hilfe ergänzender Wände Betrachtungssituationen konstruiert. Sie spielt mit Farben und Materialien, neutralisiert und lädt auf. Offene Kabinette entstehen, die den Vergleich mit großen Vorbildern der Kunstgeschichte nicht zu scheuen brauchen.
Die Ausstellung ist die erste einer neuen Reihe. Bei „sprengel@feinkunst“ kooperiert der junge Verein, der sich nach dem Tod des hannoverschen Künstlers Hannes Malte Mahler vor allem gründete, um dessen nachgelassenes Werk zu katalogisieren und zu präsentieren, einmal jährlich mit dem Sprengel Museum, um junge Kunst aus Hannover und Niedersachsen zu zeigen. Kuratiert wird die Reihe von Volontären, den Anfang macht Katrin Kolk. Es mag Zufall sein, doch durch Böhm rückt das Konzept nahe an die Szene der Atelier- und Projekträume, deren Sprecherin sie ist. So entsteht vielleicht nicht nur ein Begegnungsraum für Böhms „Protagonisten“, sondern auch für Akteure mit heterogenen Perspektiven auf Kunst und deren Präsentation.
Die Ausstellung wird am Freitag um 19 Uhr in der Roscherstraße 5 eröffnet. Sie ist bis zum 5. April zu sehen.